Zukunftsbilder in IKT und Robotik
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Digitale Sozialarbeit
Cyberkrieg in Syrien
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Neu: Zum Buchinhalt Der Wegfall der Sozialarbeiter:innen: Ein Zukunfsbild der Digitalisierung in sieben Berufsbildern
Der Cyberwar in Syrien
Die Schlachten im Syrienkonflikt werden auch in der Cyberwelt geschlagen. Zwei
Tendenzen sind bereits sichtbar. In der Vergangenheit waren militärische und
zivile ICT-Systeme getrennt durch verschiedene Betriebssysteme, Datenprotokolle
und Propagandakanäle. In den letzten Jahrzehnten ist hier eine zunehmende
Konvergenz eingetreten. Die gleichgeschalteten Systeme werden dazu noch von den
sich gegenüberstehenden Konfliktparteien benutzt. Beispiele dafür sind Android,
TCP/IP, GPS und Twitter. Selbst die früher klarer abgrenzbaren Grenzlinien in
der IT-Kriminalität zwischen Hackern, Kriminellen, Psychopathen, Geheimdiensten,
Militär und anderen Cyberkriegern verschwimmen im Syrienkonflikt zunehmend.
ISIS Reenactment
Der Islamische Staat (ISIS) auf der einen, und die USA und UK auf der anderen
Seite sind nur zwei der Konfliktparteien in Syrien. Während des Rückzugs der
Terrormiliz aus ihrer Hauptstadt Rakka wurde Mitte Oktober 2017 der Tod einer
ehemaligen britischen Punkrockerin, 50, verlautbart. Die auch unter den
Spitznamen Weiße Witwe oder Mrs. Terror bekannte Frau wurde von den Bordwaffen
einer amerikanischen Predator Drohne getötet. Sie galt als Frauenführerin des
geheimen Anwar al-Awlaki Bataillons. Grob übersetzt war sie so etwas wie die
Personalleiterin der Jihad Bräute. Bekannt geworden ist sie nicht zuletzt auch
durch ihre häufig wüsten Beschimpfungen und Bedrohungen auf Twitter.
Um den Cyberkrieg von und gegen den ISIS zu beschreiben, ist ihr 2015 auch bei
einem US Drohnenangriff getöteter Mann, Spitzname Trick und ebenso britischer
Staatsbürger, ein wichtiges Kapitel. In der Wirtschaftssprache ließe sich sein
Titel wohl am ehesten als Chief Information Officer bezeichnen.
Als Jugendlicher wurde Trick 2012 in England, damals 18 Jahre alt, zu einem
halben Jahr Gefängnis verurteilt. Strafbewährt wurde der illegale Zugang zum
elektronischen Adressbuch vom Ex-Premier Tony Blair. Ein Jahr später, im
Frühjahr 2013, hat er sich mit Frau und einen englischen Rapper nach Syrien
abgesetzt.
Während der zwei Jahre an der Spitze der Hacking Abteilung des ISIS hat er
einiges erzielt, was man in seinen Kreisen wohl als Erfolge verbucht. Dazu
gehörten das Defacing der Online-Ausgabe der International Business Times and
der Einbruch in den Twitter Account der US Zeitschrift Newsweek. Etwas aus der
Reihe fällt der Hack des Parlaments von Kuweit. Um in der Wirtschaftssprache zu
bleiben, wurden hier wohl die die Regierung der eigenen Sponsoren angegriffen.
Diese Lorbeeren reichten für Platz 3 der Todesliste des Pentagons, gleich hinter
dem Kopfabschneider Jihadi John und dem CEO höchstselbst, Abu Bakr al-Baghdadi.
Das verdeutlicht den Stellenwert, den der Cyberkrieg in höchsten Militärkreisen
inzwischen gewonnen hat.
Auch bei Tricks Nachfolger erwiesen sich die ferngesteuerten Drohnen als eine
echte Killer App.
US Predator Drohne
Im Dezember 2015 wurde dieser ebenso bei einem US Drohnenangriff getötet. Zu
seinem Beritt zählten neben dem Cyberwar auch Anti-Überwachungstechniken und die
Geldwäsche. Sein Lebenslauf verzeichnet seine Staatsbürgerschaft aus Bangladesch
und sein in Großbritannien abgeschlossenes Studium der Computersystem-Technik.
Zu seinem Tod fand in einem Bericht des CENTCOM (United States Central Command)
Erwähnung, dass der ISIS mit ihm die Schlüsselverbindungen ihrer Netzwerke
verloren hat.
Konvergenz
Zumindest über das Vorspiel zum Angriff auf Trick sind inzwischen einige
Informationen durchgesickert. Er hat, wie auch seine Frau, in den sozialen
Medien die Werbewirkung gesucht. Deshalb war es für den britischen Geheimdienst
GCHQ auch nicht allzu schwer, seine Benutzernamen zu ermitteln. Einer davon war
bei Surespot, einem Instant Messaging Dienst für Smartphones. Ab da wurde eine
Spear Phishing Attacke auf ihn in Gang gesetzt. Kurze Zeit später hat die
Zielperson tatsächlich die Freundschaftsanfrage eines Informanten Ihrer Majestät
angenommen.
Der Geheimdienst GCHQ Ihrer Majestät
Nachdem der falsche Freund das Vertrauen gewonnen hatte, folgte der Link zu
einem Waterhole. Als ein Waterhole wird eine Webseite bezeichnet, auf der sich
infizierte Software zum Download angepriesen wird. Das Smartphone von Trick war
von da ab mit Viren verseucht. Von da ab konnte der Geheimdienst die Zielperson
bei jedem seiner Telefongespräche orten. Bis die Waffenbrüder aus dem Pentagon
alarmiert und sich an die Joysticks der Drohnenfernsteuerung setzten dauerte
nicht lange.
Als Opfer eines Waterhole Angriffs sind die ISIS Führungspersonen bei weitem
nicht alleine. Auch im zivilen Bereich grassiert diese Angriffsart. Mitarbeiter
von Firmen wie Twitter, Microsoft, Facebook und Apple waren wie unzählige andere
betroffen. Ein aktuelles Beispiel ist WannaCry mit unzähligen weltweit
betroffenen Unternehmen und Haushalten.
Auch ein weiteres Detail unterstützt die These von der Konvergenz militärischer
und ziviler Systeme. Bereits 2009 berichtete das Wall Street Journal, dass
schiitische Aufständische im Irak Live-Video-Feeds von einer Predator Drohne
mitgeschnitten haben. Verwendet wurde dabei die Software Skygrabber, die im
Internet für $26 frei zu haben ist. Bestimmt waren die Daten für den
Kontrollraum, um potenzielle Ziele aufzuspüren. Die Aufnahmen, wenn auch von
zweifelhaftem militärischem Nutzen, waren nur teilweise verschlüsselt.
Die Russen kommen
Skygrabber wurde von einer russischen Firma entwickelt, um Musik und Videos von
Satelliten Internet Providern mitzuschneiden. Im Syrienkonflikt nehmen Moskaus
Truppen eine sehr viel schlagkräftige Rolle ein. Zu einer bedrohlichen Situation
kam es durch den US Angriff auf den Militärflugplatz asch-Scha'ira vom April
2017. Mit den von zwei im östlichen Mittelmeer operierenden US Zerstörer
abgefeuerten Tomahawks kamen nicht nur die Assad-Regierung, sondern auch
russische Streitkräfte erstmals unter gezielten Beschuss der Amerikaner. Nur
teilweise entschärft wurde diese heikle Situation durch die Warnung vor dem
bevorstehenden Militärschlag. Nach dem Angriff entstand eine Kontroverse um die
gezeigte Waffenwirkung und wie viele der 59 abgefeuerten Raketen ihr Ziel
tatsächlich erreichten. Nach Darstellung des Pentagons haben alle bis auf eine
ihr Ziel getroffen. Die russische Seite meldet allerdings nur 23 Treffer, also
weniger als die Hälfte. Der Journalist F. William Eng-dahl wird mit einer
Recherche zitiert, dass die Russen in die Steuerung der Geschosse eingedrungen
sind und deshalb ein großer Teil ihr Ziel verfehlt haben.
Neu wären solche Störmanöver unter den alten Recken des Kalten Krieges nicht.
Bekanntheit erlangte ein Vorfall aus dem Schwarzen Meer im Jahr 2014, bei dem
russischen Su-24 Jets die Elektronik der USS Donald Cook weitgehend lahmlegten.
USS Donald Cook in Aktion
Aber auch die Queen ist not amused. Gegen mindestens drei Einsätze der Royal
Airforce (RAF) wurden in den Wochen um den Jahreswechsel 2017 elektronische
Angriffe ausgeführt. Im Visier waren die GPS Koordinaten, die die Kampflugzeuge
für ihre Bodenziele empfingen. Die Verwundbarkeit der Satellitensignale durch
Jamming ist nicht gänzlich neu. So abgelenkte Lenkwaffen können am Boden zu
massiven Kollateralschäden führen.
Die Vermutung geht in Richtung eines mobilen russischen Waffensystems zur
Störung von GPS Signalen. Dieses war ursprünglich als Schutzschild gegen
Angriffe konzipiert, ist aber wie in diesem Fall auch für offensive Zwecke
einsetzbar. Bereits im Ukrainekonflikt wurde ähnliche Attacken gegen die
Funkkommunikation des Gegners und Drohnen der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa (OSZE) angewendet. In Syrien werden solche
elektronischen Waffen erstmalig gegen im Gefecht befindliche NATO Truppen
eingesetzt.
In den Annalen der Kriegsgeschichte werden manche Kriege mit besonderen
waffentechnischen Errungenschaften und taktischen Finessen in Verbindung
gesetzt. In den recht kurzen Annalen des Cyberkriegs kann auch der syrische
Mehrfrontenkrieg einen Rekord bereits fest verbuchen: Trick ist der erste
Hacker, der Ziel eines Drohnenangriffs wurde.
Quelle:
Übersetzt aus dem Englischen: peterfritz: Cyberwar in Syria.
https://steemit.com/technology/@peterfritz/6cophy-cyberwar-in-syria -
Aktualisierung: 17.11.2017.